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Alchemist und Kompaniekommandant, Säufer und Vereinspräsident, Verrückter und Bürger, lebe mit vielfachem Herz, mit Bildern, die ihre Wahrheit im Widerspruch finden.
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Vieles deutet darauf hin, dass ich mein Leben der Psychiatrie in Verbindung mit katholischen Glaubensvorstellungen zu verdanken habe. Ich schwamm wissend und heil im Fruchtwasser, als meine Mutter ihren Pudel grün einfärbte, ihre Sommersprossen abzuwaschen versuchte und den Salat mit den Fingern zu essen begann, bisweilen in ihre Schuhe fiel und dann schwer wieder hinausfand. Meine Grossmutter zog daraus weitgehende Schlüsse. Eine Verrückte kann nicht zu ihrem Kind schauen. So begleitete sie uns beide zum Psychiater, um ein Gutachten für eine Abtreibung zu erwirken. Sie hatte sich aber verrechnet: Der Psychiater war katholisch, was man nach den Recherchen im Telfonbuch nicht erwarten konnte, und er ermunterte seinerseits meine Mutter: „Stellen Sie dieses Kind ruhig auf die Welt, das wird schon werden!“. Was sie denn auch tat. Grossmutter hat im Vorzimmer auf Mutter gewartet und hat sich, wenn auch widerwillig, mit dem Ergebnis der Konsultation abgefunden.
Von Mutter habe ich das verletzliche Herz und ihrem Auseinanderfallen habe ich mein fundamentales Misstrauen gegenüber den Gewissheiten zu verdanken, was als normal gilt, meine Skepsis gegenüber der selbstverständlichen Annahme, dass Normen dich tragen. Mutter selbst hat die Ordnungen aufgelöst, die sie mir zuvor vermittelt hatte und hat damit meinen Blick auf diese Ordnung gelenkt. Vom katholischen Psychiater habe ich den Satz: „Das wird schon werden“. Wunderbar, wenn man in seinem Leben einen solchen Satz an den Anfang gestellt erhält.